Am Dienstagabend, 5. Mai 2020, beraten die Wirtschaftsminister der Länder mit dem Bundeswirtschaftsminister in einer Videokonferenz über mögliche Lockerungen sowie über einen möglichen Rettungsschirm. Der DTV fordert die Wirtschaftsminister auf, einen bundesweit einheitlichen Rahmen für den Neustart des Deutschlandtourismus zu erarbeiten und die existenzbedrohten Tourismusakteure sicher über die Krise zu bringen.
Dazu sagt Norbert Kunz, Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbands (DTV): „Der Tourismus ist für Deutschland ein entscheidender Wirtschaftsfaktor. In Städten und gerade auch im ländlichen Raum schafft der Tourismus Arbeitsplätze, sorgt für Steuereinnahmen und Perspektiven“.
Wenn Bundes- und Länder nicht umgehend für Perspektiven sorgen, droht der Tourismusbranche irreparabler Schaden. Speziell die Wirtschaftsminister tragen hier große Verantwortung für die Betriebe und ihre rund 3 Millionen Beschäftigten.
Welche Maßnahmen jetzt nötig sind, hat der DTV in seinem Perspektivpapier für einen bundesweit einheitlichen Neustart dargelegt. Essenziell sind aktuell folgende drei Punkte:
- eine TaskForce auf Bundesebene in Zusammenarbeit mit den Ländern und den Spitzenverbänden des Tourismus zur Erarbeitung von Konzepten und Standards.
- ein Fahrplan für den Neustart des Deutschlandtourismus, der vor allem auch den Übernachtungs- und Tagestourismus differenziert berücksichtigt.
- ein „Rettungsschirm Deutschlandtourismus“ des Bundes vor allem für all jene Akteure und Betriebe bis 250 Beschäftigte, die existenzbedroht sind und durch bestehende Hilfen noch nicht erreicht werden.
Basis müssen bundeseinheitliche Grundsätze sein, zu denen Schutz- und Hygienepläne, die Sicherung des Mindestabstands sowie die Besucher- und Kundenlenkung gehören.
„Der Deutschlandtourismus ist durch eine klein- und mittelständige Struktur geprägt. Wenn jetzt nicht gehandelt, sondern weiter verschoben wird, stehen unzählige Betriebe bis zum Sommer vor dem Aus“, ergänzt Kunz.
Wie die Situation diese kleinen Betriebe trifft, zeigt der DTV anhand von drei konkreten Beispielen.
Martin Richter, Inhaber Bootsverleih Richter / Kajaksports, Lübbenau/Spreewald
„Wir haben uns die letzten Wochen mit Soforthilfe und Kurzarbeitergeld über Wasser gehalten. Für diese Hilfen sind wir dankbar. Jetzt kommen die Monate Mai, Juni, Juli, August, die richtig wehtun werden. Wir leben hauptsächlich von Teamevents, Betriebs- und Schulausflügen. In der Saison bringen wir rund 5.000 Schüler bei geführten Touren aufs Wasser. Fallen dann auch noch die Paddler weg, die u.a. bei Mehrtagestouren auf geöffnete Camping- und Biwakplätze angewiesen sind, steht uns das Wasser bis zum Hals. Derzeit haben wir 92 Prozent weniger Buchungen für die Sommermonate als im Vorjahr. Das Gefährliche ist die Ungewissheit. Die Einbußen werden immer größer und je länger es dauert, desto mehr sind wir auf erneute Zuschüsse angewiesen. Wir möchten niemanden entlassen und unsere Mitarbeiter auch in diesem Jahr möglichst über den Winter bringen.“
Steffi Albrecht, Gastgeberin Hof Albrecht, Buch/Altmark
„Das Übernachtungsverbot und die Ausgangsbeschränkungen bedeuten nicht nur, dass große finanzielle Einbußen entstehen, sondern auch, dass das gesamte Leben auf unserem Pferdehof stillsteht. Wir vermieten zwei Ferienwohnungen und fünf Doppelzimmer. Gerade zu Ostern und in den Osterferienwochen hatten wir sehr viele Buchungen, die alle storniert werden mussten. Wir haben die Soforthilfe für Kleinunternehmen beantragt, haben aber leider bis heute noch nicht mal eine Eingangsbestätigung. Zuschüsse sind für uns wesentlich, da wir nicht wissen, wie sich die gesamte Situation entwickelt und ob man Kredite später bedienen könnte. Auch Steuererleichterungen wären eine gute Lösung.“
Kathrin Widhalm, Gästeführerin in der Künstlerkolonie Worpswede und 1. Vorsitzende des Vereins „Gästeführer Worpswede-Teufelsmoor e.V.“
"Zu Beginn der Krise wäre unser Team aus 19 Gästeführern normalerweise in die Saison gestartet. Zu unserem diesjährigen Highlight, der RAW-Phototriennale, die nur alle drei Jahre stattfindet, kündigten sich viele Besucher an. Jetzt gehen Stornierungen bis in den September ein. Somit haben wir zurzeit einen Ausfall von 100 Prozent. Bei den Corona-Soforthilfe-Programmen fallen Gästeführer durch das Raster. Sie können kaum laufende Betriebskosten ansetzen und meist ist keine Finanzierung von Lebenshaltungskosten oder ein Ausgleich des Verdienstausfalls vorgesehen. Für viele von uns sind Gästeführungen eine entscheidende Säule des Lebensunterhalts. Deshalb wünsche ich mir eine schnelle, unkomplizierte Soforthilfe für unseren Berufsstand. Kredite sorgen kurzfristig für Liquidität, das Problem wird aber nur verschoben. Kredite wären nicht zu leisten, da das Einkommen von Gästeführern saisonabhängig schwankt und unklar ist, wann sich die Lage entspannt."