Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, © Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg / Sven Adelaide
© Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg / Sven Adelaide

Son­der­aus­stel­lung „Vor­treff­li­che Nie­der­län­der!“ in Ol­den­burg


Die niederländische Kunst des 17. Jahrhunderts fasziniert das Publikum bis heute. Auch Künstlerinnen und Künstler bewunderten die Meisterwerke dieser Zeit. Ein besonderes Faible für die Malerei der Holländer und Flamen hatte der Oldenburger Hofmaler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751–1829) – vielen als „Goethe-Tischbein“ bekannt. 

Vom 25. September 2021 bis zum 9. Januar 2022 präsentiert das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg mit der Sonderausstellung „Vortreffliche Niederländer!“ die Vielfalt der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts. Die Schau versammelt stimmungsvolle Landschaften, anekdotenreiche Genreszenen, eindrucksvolle Portraits und Stillleben von Meistern wie u.a. Jacobus Vrel, Rembrandt oder Jan van Huysum. 

Gemeinsam mit dem Oldenburger Hofmaler Tischbein gehen die Besucherinnen und Besucher auf eine Reise in die Vergangenheit. Zugleich widmet sich die Schau der Rezeption dieser Meisterwerke im späten 18. Jahrhundert – rund einhundert Jahre nach ihrer Entstehung. Dabei beleuchtet die Ausstellung auch den damaligen internationalen Kunstmarkt mit spektakulären Kunstauktionen und besonderen Trends rund um das Sammeln niederländischer Kunst. 

„Vortreffliche Niederländer!“ gliedert sich in sechs Themenbereiche. Ausgangspunkt der Schau bildet Tischbeins Reise in die Niederlande, die er als junger Künstler 1772 zu Studienzwecken unternahm. Statt von Wandtexten werden die Besucherinnen und Besucher von Zitaten Tischbeins durch die Ausstellung geleitet. Durch seine Augen gesehen werden die Werke, ihre Kontexte und Geschichten lebendig.  

Die Vielfalt der niederländischen Kunst 
Von Landschafts- und Genremalerei über Portraits bis hin zu Stillleben: Ein fulminanter Überblick über die verschiedenen Facetten und Hauptmotive der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts bildet den Auftakt der Schau. Erstmals präsentiert das Landesmuseum Oldenburg in einer Sonderausstellung eine Auswahl an herausragenden Meisterwerken aus seiner Sammlung, die der Epoche des sogenannten „Goldenen Zeitalters“ zuzuordnen sind. Hier erlebte die Kunstproduktion in den Niederlanden eine außergewöhnliche Blütezeit. Um auf dem stetig wachsenden Kunstmarkt bestehen zu können, waren die Künstlerinnen und Künstler gezwungen, sich stilistisch voneinander abzuheben. So setzte eine nie dagewesene Spezialisierung innerhalb der Malerei ein. Allen Darstellungen gemein ist ihr Bestreben nach der Darstellung des Sichtbaren und ihre Faszination für das Alltägliche.  

Malen wie die Alten Meister 
Im 18. Jahrhundert wurden Gemälde im Stil der niederländischen Meister beliebte Sammlungsstücke. Die sogenannten Hollandisten betrachteten die Werke eingehend, kopierten und verarbeiteten deren Motive. Auch Tischbein nahm sie sich zum Vorbild: Ein besonderes Faible hatte er für Rembrandt Harmensz. van Rijn. Der heute wohl berühmteste niederländische Künstler war zu Tischbeins Zeit noch nicht wiederentdeckt und wurde damals nur von einigen wenigen Kennern hochgeschätzt. Anhand von Arbeiten Tischbeins und weiterer Künstler, wie dem Frankfurter Maler Christian Georg Schütz, spürt „Vortreffliche Niederländer!“ der Niederländer-Mode und der Faszination vieler Künstlerinnen und Künstler für die niederländische Kunst nach.  

Von den Niederlanden in die Welt 
Highlight des Ausstellungskapitels zum Thema Druckgrafik ist Rembrandts frühe Radierung „Die kleine Flucht nach Ägypten“. Die äußerst lichtempfindliche und daher selten öffentlich ausgestellte Originalgrafik aus der Sammlung des Landesmuseums veranschaulicht eindrucksvoll Rembrandts technische Perfektion. Seine Druckgrafiken lösten eine Welle der Bewunderung aus und fanden viele Nachahmer, die sich seinen Stil zu eigen machten.  
Druckgrafische Reproduktionen beflügelten im 18. Jahrhundert die europaweite Verbreitung von Motiven, Werken und Künstlern der Niederlande. Ploos van Amstel erfand im 18. Jahrhundert zu diesem Zweck ein Druckverfahren, das es erstmals ermöglichte, Zeichnungen farbig und nahezu originalgetreu zu reproduzieren. Sein „Prentwerk“ (Druckwerk), das zwischen 1765 und 1787 entstanden ist und 45 Faksimiles von Zeichnungen der wichtigsten niederländischen Künstler des 17. Jahrhunderts beinhaltet, war ein internationaler Erfolg.  

Die Ausstellung zeigt ein fast vollständig erhaltenes Exemplar des „Prentwerks“ aus dem Bestand der Landesbibliothek Oldenburg. Begleitet werden die Faksimiles von Texten, Probedrucken und Erläuterungen, die Ploos van Amstel selbst verfasst und publiziert hat.  

Der Kunstmarkt im 18. Jahrhundert 
Die Begeisterung für die niederländische Kunst spiegelt sich auch in den Entwicklungen des Kunsthandels im 18. Jahrhundert. Spektakuläre Auktionen erregten großes Aufsehen in ganz Europa und auch Tischbein besuchte Versteigerungen in Amsterdam, dem Zentrum des niederländischen Kunstmarkts. Zugleich kritisierten Tischbein und seine Zeitgenossen den regelrechten Ausverkauf niederländischer Kunstschätze. Die Ausstellung beleuchtet die Trends des Sammelns niederländischer Kunst anhand historischer und zeitgenössischer Auktionskataloge, wie etwa die Publikation zur Versteigerung der berühmten Sammlung Gerret Braamcamp (1699–1771), die 1771 alle damaligen Rekorde brach und bis dato noch nie dagewesene Preise erzielte.  

Niederländische Kunst in Oldenburg 
Den Abschluss der Ausstellung bildet ein Blick in die Herzkammer der Gemäldesammlung des Landesmuseums. Tischbein selbst war ein großer Sammler niederländischer Künstler und verkaufte seine stetig gewachsene Gemäldesammlung 1804 an den Oldenburger Herzog Peter Friedrich Ludwig, womit er den Grundstock für die heutige Sammlung des Museums schuf. Die Werke des letzten Ausstellungskapitels stammen aus der ursprünglichen Tischbein-Sammlung und machen sichtbar, nach welchen Kriterien der Hofmaler sammelte.  
Die intensive Auseinandersetzung mit der niederländischen Kunst führte Tischbein zu dem Ergebnis, dass die Niederländer die als unübertroffen geltenden Italiener künstlerisch in den Schatten stellen: „Solche vortrefflichen Maler waren die Holländer!“ 

Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg

Julia Ditsch
Damm 1
26135  Oldenburg
Telefon: +49 441 40570-434

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