Sein Tod liegt mehr als ein Dreiviertel-Jahrhundert zurück, doch noch immer ist er präsent im Oberharz. Zweifellos war er eine faszinierend-charismatische – sicher z. T. auch polarisierende – Persönlichkeit. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war er einer der bekanntesten Maler Norddeutschlands. Auf den großen Kunstausstellungen, zum Beispiel in Hannover, erzielten seine Werke regelmäßig Höchstpreise. Seine Bücher „Harzheimat“ und der Roman „Die Reiche Barbara“ erreichten in den 1920er und 1930er Jahren hohe Auflagen. Bis heute wirkt sein nimmermüder Einsatz für den Erhalt des Landschaftsbildes
der Oberharzer Heimat nach. Von der Presse wurde ihm der anerkennende Titel „Malerpoet“ zugesprochen: Karl Reinecke-Altenau (1885 - 1943) hat die Oberharzer Kulturszene geprägt, wie kaum ein Zweiter.
Facettenreich ist Reineckes Schaffen, vielfältig sind seine Tätigkeitsbereiche. Kaum jemandem ist bekannt, dass der Künstler auch als Werbegrafiker, unter anderem für Continental und Dr. Oetker, tätig war. Seine Illustrationen finden sich in Schul- und Religionsbüchern aus der damaligen Zeit. Er schuf das eine oder andere Titelbild bekannter Zeitschriften und entwarf Sieger-Urkunden für Wintersportereignisse, die in ganz Deutschland verteilt worden sind. Namhafte Schriftsteller, wie zum Beispiel der „Heidedichter“ Hermann Löns, bedienten sich Reineckes Zeichenkunst und ließen ihre Werke von dem Oberharzer Künstler illustrieren.
Der Oberharz ragt nicht nur als Gebirge aus der norddeutschen Tiefebene heraus, er bildet rund um die sieben alten Bergstädte eine sogenannte Kultur- und Sprachinsel. Im 16./17. Jahrhundert brachten einwandernde Bergleute aus dem Erzgebirge ihre Sitten, Bräuche und ihre Mundart mit. Bis heute leben große Teile davon weiter. Auch das ist ein Verdienst Karl Reineckes. Besonders in der Zeit des Nationalsozialismus hat sich Reinecke mit Vehemenz gegen die Gleichschaltung von Kunst und Kultur gestemmt. Äußeres Zeichen dafür ist der von ihm im Jahre 1933 gegründete „Oberharzer Heimatbund“. Immer wieder hat der Altenauer seine Landsleute dazu ermuntert, die Oberharzer Mundart aktiv zu sprechen und so vor dem Verwässern oder gar Vergessenwerden zu bewahren. Im Rahmen seiner schriftstellerischen Tätigkeit hat der Künstler einen ganzen Strauß von Mundartgedichten hinterlassen.
Heute pflegen Ehrenamtliche der Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde der Bergstadt Altenau-Schulenberg e. V. das Erbe Karl Reineckes. Unlängst konnte die Altenauer Heimatstube um einen Raum erweitert werden, der ganz dem Leben und dem Werk des Künstlers gewidmet ist: es entstand nach einer längeren Planungsphase die Karl- Reinecke-Galerie.
Betritt der Besucher den Raum, fällt zunächst eine lebensgroße Damenfigur auf, die die von Reinecke um 1933/1934 propagierte und von ihm mitentworfene „Neue Oberharzer Volkstracht“ trägt.
Wie es sich für eine richtige Galerie gehört, schmücken zahlreiche Ölgemälde und Zeichnungen die Wände, thematisch nach Schlagworten sortiert, wie etwa „Weite Welt“ oder „Arbeitsleben“. Die meisten Reinecke-Bilder finden sich unter der Überschrift „Harzheimat“, doch längst nicht alle sind auch in der Heimat entstanden. Die überwiegende Anzahl brachte Reinecke in seinem Atelier in Hannover auf die Leinwand, wo der Künstler von 1912 bis Anfang der 1930er Jahre lebte und arbeitete.
Zwei großformatige LED Displays informieren die Galeriebesucher über wichtige Stationen aus Reineckes Leben oder zeigen anhand von Reproduktionen einen breiten Querschnitt seiner Werke, die im Heimatstuben-Archiv eingelagert sind. Über Reinecke-Altenaus vielfältige Aktivitäten jenseits der Malerei informiert eine gut bestückte Vitrine. Komplettiert wird die Ausstellung von einem Mundart-Gedicht aus Reineckes Feder, das vom Leben eines echten Oberharzer Kuhhirten handelt.
Die Karl-Reinecke-Galerie kann zu den normalen Öffnungszeiten der Altenauer Heimatstube besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.
Aktuelle Öffnungszeiten unter: www.heimatstube-altenau-schulenberg.de
E-Mail: info@heimatstube-altenau-schulenberg.de