Festivalleiterin Anna Mülter hat heute im Staatstheater Braunschweig das diesjährige Programm des Festivals Theaterformen bekannt gegeben. Turnusgemäß wechselt das Festival jährlich zwischen Hannover und Braunschweig – 2024 ist Braunschweig wieder Gastgeberin des internationalen Festivals.
Elf Tage lang werden im Juni Theater, Tanz und Performances aus der ganzen Welt auf den Bühnen des Staatstheaters und des LOT-Theaters gezeigt. Die 15 eingeladenen Produktionen widmen sich den drängenden Fragen unserer Gegenwart und wollen mit ihren eigenen Visionen berühren, aufrütteln und begeistern. In diesem Jahr stehen vielfältige Arbeiten und Themen Indigener Künstler*innen aus verschiedenen südamerikanischen Regionen sowie aus Sápmi im Fokus. Unter dem Titel Ko’eyene (zu Deutsch: Heute) lassen sie das Publikum Verflechtungen von Zeit und Natur neu erfahren. Aus diesem Grund bespielt das Festival zum ersten Mal den Theaterpark neben dem Großen Haus mit Installationen und Performances. Ebenso rückt das Festivalzentrum in diesem Jahr ins Grüne und kehrt zurück an einen bekannten Ort: Rund um das Gartenhaus Haeckel wird ein Raum für Konzerte, Silent Discos, Filme, Workshops und einen gemeinsamen Austausch zwischen Bäumen und Hängematten geschaffen.
Anna Mülter, Künstlerische Leiterin Festival Theaterformen:
„Wir freuen uns sehr, nach Braunschweig zurückzukehren und auf vielfältige Weise Begegnungen zu stiften. Das sind Begegnungen mit spannenden Formen des Theaters, aber auch Begegnung als künstlerische Form des Theaters. Im Festivalzentrum treffen wir uns zum gemeinsamen Träumen, zum kollektiven Handeln und natürlich auch zum Feiern, mit Open Air-Konzerten und Silent Discos. In diesem Jahr bespielen wir zum ersten Mal den Theaterpark, mit dem Projekt Ko’eyene. Das Große Haus des Staatstheaters mit seiner außergewöhnlichen Lage inmitten der historischen Parkanlagen ist ein Anlass für uns, unsere westliche Beziehung zur Natur zu reflektieren und neu zu erleben. Wir laden Sie ein, unter dem grünen Dach der Bäume künstlerische Arbeiten zu entdecken, die eigens für diesen besonderen Braunschweiger Ort entstehen.“
Falko Mohrs, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur:
„Anna Mülter bringt das Theater der Welt nach Braunschweig und zeigt uns allen, dass die politische Relevanz des Theaters in vielen Ländern brennende Aktualität hat. Sie präsentiert uns darüber hinaus eine enorme Vielfalt an künstlerischen Handschriften. Wir können erleben, dass das Theater weltweit ungebrochen vital ist. Die Theaterformen werden so zu einem großen Mutmacher und Anreger in aufwühlenden Zeiten und versetzen hoffentlich die ganze Stadt Braunschweig ins Festivalfieber.“
Prof. Dr. Anja Hesse, Kulturdezernentin Stadt Braunschweig:
„Seit 1990 präsentiert das Festival Theaterformen jährlich – wechselnd zwischen den Standorten Braunschweig und Hannover – die Vielfalt zeitgenössischer Theaterproduktionen. Das Festival bietet dabei Einblicke in internationales zeitgenössisches Theater und ermöglicht neue künstlerische Positionen auf höchstem Niveau. In diesem Jahr liegt der Fokus auf den drängenden Fragen unserer Gegenwart sowie indigenen Perspektiven. Die Stadt Braunschweig wird als Gastgeberin des Festivals erneut in den Fokus weltweiter Aufmerksamkeit rücken, denn das Festival zählt mittlerweile zu den größten und renommiertesten Theaterfestspielen der Welt.“
Maria-Rosa Berghahn, Direktorin Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz:
„Das Festival Theaterformen ist ein wichtiges Projekt für die SBK, da es im Rahmen dieses jährlichen internationalen Festivals die Möglichkeiten der Kunst des Theaters und des Tanzes zeigt. Tanz ist eine Kunstform, die niederschwellig ist und ohne die Eingrenzung der Sprache zu verstehen ist. Dass so ein wichtiges Internationales Festival zweijährig im Braunschweigischer Land stattfindet und in Kooperation mit dem Staatstheater durchgeführt werden kann, freut uns als SBK besonders. Das Thema Wald und der Umgang mit der Natur ist ein spannendes Thema. Ich freue mich sehr auf dieses Highlight und wünsche allen Künstlerinnen und Künstlern ein breites und begeistertes Publikum.“
Dagmar Schlingmann, Generalintendantin Staatstheater Braunschweig:
„Ich freue mich auf so viele Perspektiven, Stimmen, Formate, die Anna Mülters reiches und wie immer international ausgerichtetes Festivalprogramm in unsere Spielstätten bringt. Mit unserer gemeinsamen Initiative Wir verbünden uns! am 16. Juni im Großen Haus wollen wir ein Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen, und ich bin den Theaterformen sehr dankbar, dass sie diesen Raum im Festival schaffen.“
Auftakt mit einer Entzauberung des klassischen Tanzes
Eröffnet wird das Festival am Abend des 13. Juni mit HATCHED ENSEMBLE von Mamela Nyamza, einer der wichtigsten Choreografinnen Südafrikas. Neun Balletttänzer*innen, eine Opernsängerin und ein Live-Musiker entzaubern und dekonstruieren zu Camille Saint-Saëns berühmter Melodie „Der Schwan“ die Geschichte des klassischen Tanzes. Spitzentanz und zeitgenössischer Tanz, kleine Gesten und große Sensibilität verbinden sich in dieser Performance zu einem poetischen und emotionalen Universum neuer Tanzgeschichte.
Kulturstiftung des Bundes fördert mit Ko’eyene Indigene Perspektiven auf die Verflechtungen von Natur und Zeit
2024 bringt das Festival Theaterformen mit Ko'eyene die Perspektiven Indigener Künstler*innen aus südamerikanischen Gemeinschaften und Regionen auf die Verflechtungen von Natur und Zeit zusammen. Im Herzen des Theaterparks wird ein interkultureller Dialog ermöglicht, der von den Künstler*innen selbst gestaltet wird. Inspiriert vom Konzept „Ko’eyene”, das in der Indigenen Gemeinschaft der Terena „Heute“ bedeutet, soll gemeinsam über Zeitlichkeit jenseits einer Chronologie nachgedacht werden. Dafür entwerfen die Indigenen Künstler*innen und Kurator*innen Denilson Baniwa, Naine Terena und Gustavo Caboco gemeinsam mit Jamille Pinheiro Dias ein vielfältiges Programm mit über 15 beteiligten Künstler*innen, unter anderem Fran Baniwa, Francisco Baniwa, Lilly Baniwa, Roseane Cadete, Wihtner FaGo & Chana Dávila, Idjahure Kadiwel, Ziel Karapotó, Eskina Qom & Ema Cuañeri, Georgina Sarmento, Dhoze Terena Kali Sini, Irineu Nje'a Terena, Niara Terena.
Neben Installationen, Performances und verschiedenen Workshops, die Einblicke in die Interdisziplinarität ihrer Praktiken geben und gemeinsam das Wissen praktizieren, gibt es abends Filme und Hip-Hop Konzerte von Indigenen Bands am Gartenhaus Haeckel im Theaterpark. Die Bar im Festivalzentrum öffnet eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen im Festivalzentrum und im Rahmen von Ko‘eyene ist frei.
Partizipative Projekte mit Jugendlichen und lateinamerikanischen Communities aus Braunschweig
Zwei Festivalproduktionen entstehen in diesem Sommer gemeinsam mit Braunschweiger*innen direkt vor Ort. Dafür sucht das Festival noch Beteiligte.
In der Performance Soliloquio (I woke up and hit my head against the wall) lässt Tiziano Cruz die Herausforderungen seines Lebens als Indigener Künstler in Argentinien mit den Stimmen lokaler lateinamerikanischer Gemeinschaften verschmelzen. Für den ersten Teil des Abends, der aus einer großen Prozession im öffentlichen Raum besteht, sucht Tiziano Cruz Personen oder Verbände aus lateinamerikanischen Gemeinschaften in Braunschweig, die Lust haben, sich zu vernetzten und mitzumachen. Weitere Informationen dazu über presse@theaterformen.de
In Teenage Songbook of Love and Sex von Ásrún Magnúsdóttir & Alexander Roberts geht es um Schmetterlinge im Bauch, den ersten Sex, (Selbst-)Zweifel und Liebeskummer. 20 Jugendliche aus Braunschweig und Reykjavik singen selbstgeschriebene Songs für „every virgin, every slut and every thirsty bitch”. Auch für diese Produktion sucht das Festival Jugendliche aus Braunschweig im Alter von 16 – 20 Jahren, die gerne singen und Songtexte schreiben.
Weitere Informationen und die Anmeldung sind möglich über welcome@theaterformen.de
Theaterformen und Staatstheater laden zu einer gemeinsamen Tafel gegen Rechts
Am Sonntag, 16. Juni laden Festival und Staatstheater Braunschweig zu der Veranstaltung Wir verbünden uns! ins Große Haus ein. Geplant sind vielfältige Beiträge, die sich gegen den Rechtsruck im Land und auf internationaler Ebene positionieren. Im Anschluss geht es zum Austausch mit der Stadtgesellschaft gemeinsam vor die Tür: An einer Tafel rund um das Große Haus, in Braunschweig bereits bekannt als „Ring-Tafel“, ist das Publikum eingeladen zum Essen, Reden, Nachfragen, Berichten und dazu, einander zu begegnen.
Aufrüttelndes Theater über die Zustände von Kinderpsychiatrien in Polen
Am letzten Festivalwochenende zeigt der neue Star des polnischen Theaters, Regisseur Jakub Skrzywanek ein bildgewaltiges Beispiel für neue Formen des Dokumentartheaters. SPARTACUS. Love in the time of plague basiert auf umfangreichen Recherchen über die katastrophalen Zustände von Kinderpsychiatrien in Polen und stützt sich dabei unter anderem auf den Bericht „Love in the time of plague“ des Journalisten Janusz Schwertner, der dafür 2021 den Distinguished Reporting Award des europäischen Pressepreis erhalten hat. Das Stück begleitet 48 Stunden im Alltag zweier polnischer Jugendlicher, die sich nach einem gescheiterten Suizidversuch in einer Kinderpsychiatrie befinden. Auf Verzweiflung und Misshandlung trifft im zweiten Teil ein buntes Spektakel aus Tanz, Volksmusik und farbenfrohen Kostümen, dessen Höhepunkt die Hochzeit eines queeren Paares ist.
Zentrales Anliegen: Mehr Barrierefreiheit
Festival Theaterformen arbeitet kontinuierlich daran, das Festival barriereärmer und zugänglicher für alle Personen zu gestalten. Folgende Angebote werden inzwischen bei einigen Vorstellungen ermöglicht:
- Relaxed Performances für neurodivergente Zuschauer*innen, wie zum Beispiel Autist*innen
- Verdolmetschung in Deutsche Gebärdensprache (DGS) für Taubes Publikum
- Audiodeskription für Publikum mit Sehbehinderung
- Verdolmetschung in Leichte Sprache für lernbehindertes Publikum
- Content Notes und Informationen über sensorische Reize bei den eingeladenen Performances
- alternative Sitzmöglichkeiten in Form von Sitzsäcken für Zuschauer*innen mit chronischen Schmerzen
- Übertitel in deutscher und englischer Sprache
- Begleitservice in Kooperation mit dem Kulturschlüssel Braunschweig
Der Vorverkauf startet am 12. April 2024. Tickets gibt es online auf www.theaterformen.de und an den Kassen des Staatstheaters Braunschweig. Die Eintrittspreise für das Bühnenprogramm liegen zwischen 8 € und 28 €, die Veranstaltungen im Festivalzentrum sind kostenfrei.